Regenwasser versickern

Intensive Regenwochen wie die im Sommer 2023 in Mecklenburg-Vorpommern füllen die Regenzisternen zur Freude Ihrer Nutzer. Doch was passiert eigentlich mit dem Wasser, wenn die Regentonnen oder Erdtanks voll oder vielleicht erst gar nicht vorhanden sind? Wohin sollte das überschüssige Regenwasser abfließen, um Mensch und Umwelt am meisten zu nützen?

Versickerung statt Kanalisation

Immer noch werden große Mengen Regenwasser in die Kanalnetze eingeleitet. Doch das hat viele Nachteile. Erstens werden dafür Kosten erhoben. Die Kommunen veranschlagen Niederschlagswassergebühren von etwa 0,70 Euro bis 1,90 Euro pro Quadratmeter versiegelter Fläche. Das bedeutet beispielsweise, dass die Kosten für ein Einfamilienhaus mit 140 Quadratmetern Dachfläche und einem Parkplatz für zwei Autos jährlich zwischen 120 Euro und 320 Euro betragen.

Zweitens werden das Kanalnetz sowie die Kläranlagen bei Einleitung des Regenwassers unnötig belastet, immer häufiger sogar überlastet. Dies ist vor allem in den stark oberflächenversiegelten Städten problematisch, weil es dort zu Überschwemmungen kommen kann.

Drittens fehlt das über die Kanalisation abtransportierte Wasser dem Boden und dem Grundwasser. Laut Helmholtz Zentrum für Umweltforschung verstärkt sich die Dürre im Gesamtboden seit vielen Jahren stetig. Der Grundwasserspiegel geht in den verschiedenen Regionen Deutschlands weiter zurück – trotz der Regenereignisse der letzten Wochen. In Deutschland gewinnen wir unser Trinkwasser größtenteils aus dem Grundwasser. Wenn es weiter absinkt, kann das auch bei uns bald zu einem dauerhaften Problem werden. Darum ist jeder Liter, der dem Boden zurückgeführt wird, kostbar. 

Verschiedene Arten der Versickerung

Wird Regenwasser versickert, kann es auf dem Weg durch die verschiedenen Erd- und Gesteinsschichten zum Grundwasser gelangen und als Trinkwasser wieder in den Wasserkreislauf zurückgeführt werden. Die gebräuchlichsten Formen der Regenwasserversickerung sind die

➞ Flächenversickerung,
➞ Muldenversickerung,
➞ Rigolenversickerung oder Sickerspeicher sowie die
➞ Schachtversickerung.

Die wohl einfachste Methode ist die Flächenversickerung. Hierbei wird das Regenwasser vom Dach direkt auf Rasenflächen oder Beete geleitet. Voraussetzungen sind ein nicht zu starkes Gefälle der zu entwässernden Fläche und ein relativ durchlässiger Boden.

Für eine Muldenversickerung braucht es eine flache, begrünte Mulde, die das Regenwasser kurz zwischenspeichert, bevor es langsam im Boden versickert. Gut geeignet sind Grundstücke mit einem natürlichen Gefälle und durchlässigem Boden. Die Größe der Mulde ist abhängig von der angeschlossenen Fläche, von der Wasserdurchlässigkeit des Bodens und den örtlichen Niederschlagsverhältnissen. In der Regel sollte sie eine Größe von 10-20 Prozent der zu entwässernden Fläche haben.

Wenn ein Grundstück keinen Platz für eine Mulde bietet, eignet sich die Rigolenversickerung, bzw. ein Sickerspeicher. Hierbei wird Regenwasser in einen Zwischenspeicher geleitet, durch den es nach und nach versickert. Eine klassische Versickerungsrigole besteht in der Regel aus einem mit Kies oder Schotter gefüllten Graben ohne Gefälle. Das eingeleitete Wasser versickert über dessen Wandungen und Sohle langsam im Erdreich. Der Vorteil: Die Versickerung geschieht unterirdisch. Der Nachteil: Die Kiesrigole kann wegen ihres geringen Hohlraumanteils gerade einmal 30 % ihres Nettovolumens an Regenwasser aufnehmen.

Eine besonders praktische und leicht zu verbauende Alternative mit bedeutend mehr Speichervolumen sind Sickerwürfel oder Sickerquader, die einfach im Boden vergraben werden (Siehe hier: YouTube). Sie können über 90 % ihres Nettovolumens an Wasser aufnehmen und brauchen somit weniger Platz unter der Erde. Dadurch fallen auch Erdaushub sowie Arbeitsaufwand geringer aus.

Eine Sonderform ist die Schachtversickerung. Sie ist besonders dann sinnvoll, wenn zum Beispiel aufgrund der Grundstücksgröße keine Sickerwürfel eingesetzt werden können. Hierbei wird das Regenwasser dem umliegenden Boden über einen gelochten Schachtring zugeführt. 

Was es noch zu beachten gibt

Bei allen Versickerungsarten ist ein ausreichender Abstand vom Grundwasserspiegel zu beachten. Die Muldenversickerung ist bundesweit die einzig genehmigungsfreie Versickerungsform. Alle anderen Arten sind im Allgemeinen genehmigungspflichtig – das zuständige Bauamt gibt dazu Auskunft. Sinnvoll ist auch ein Versickerungstest auf dem Grundstück. 

Fazit

Eine ökonomisch und ökologisch sinnvolle Alternative zur Einleitung in die Kanalisation ist die Versickerung von Regenwasser über Sickerschächte oder Sickerquader. Bei der Einsparung der Einspeisungsgebühr von bis zu mehreren hundert Euro jährlich hat sich eine Investition relativ schnell amortisiert. Gleichzeitig wird das Wasser wird dem Erdreich bzw. dem Grundwasser zurückgeführt.