Krisenalarm aus der Tiefe: Warum Deutschlands Grundwasser schrumpft

Eine aktuelle Studie des Instituts für sozial-ökologische Forschung (ISOE) im Auftrag des BUND zeigt: In über der Hälfte aller Landkreise herrscht heute bereits akuter oder struktureller Grundwasserstress. Das bedeutet: Unser wichtigstes Wasserreservoir gerät unter Druck – mit gefährlichen Folgen für Mensch und Natur.

Was ist Grundwasserstress überhaupt?

Grundwasserstress tritt auf, wenn mehr Wasser entnommen wird, als sich auf natürlichem Weg neu bildet. Wenn diese Schieflage dauerhaft anhält, sprechen Fachleute von strukturellem Stress. Wird die Lage durch extreme Trockenperioden oder übermäßige Entnahmen verschärft, kommt es zum akuten Stress. Die Folge: sinkende Pegel, ausgetrocknete Böden, schwindende Feuchtgebiete – und langfristig auch Gefahren für unsere Trinkwasserversorgung.

Die Studie zeigt: 201 von 401 Landkreisen und kreisfreien Städten in Deutschland sind heute betroffen. Besonders kritisch ist die Lage in Teilen Ost- und Norddeutschlands, im Oberrheingraben und im Südwesten. Hier werden teils mehr als 20 % der jährlichen Grundwasserneubildung entnommen – ein ökologisches Konto, das längst im Minus steht.

Quelle: BUND – Grundwasser in Gefahr (06/2025)

Weniger Wasser, mehr Risiko

Die Ursachen sind vielfältig: Der steigende Wasserbedarf in Landwirtschaft, Industrie und privaten Haushalten trifft auf klimabedingte Trockenheit und rückläufige Grundwasserneubildung. In vielen Regionen wurden bereits seit Jahren fallende Grundwasserspiegel gemessen – mit gravierenden Auswirkungen für Ökosysteme und Flüsse. Besonders alarmierend: Der Großteil der Entnahmen entfällt auf die öffentliche Wasserversorgung – doch auch Gewerbe, Bergbau und intensive Landwirtschaft nehmen ihren Anteil.

Und das Problem wird größer: Hitzesommer, Extremwetter und lange Trockenperioden sind keine Ausnahmen mehr, sondern das neue Normal.

Die Lösung liegt vor unserer Haustür

Um dem drohenden Wassermangel zu begegnen, braucht es neue Denkweisen – und vor allem: dezentrale Lösungen. Zwei Ansätze stechen dabei besonders hervor: eine breitere Regenwassernutzung und Grauwasserrecycling.

1. Regenwasser – der Schatz vom Dach
Trotz der Klimaveränderungen fällt in Deutschland regelmäßig Regen – und landet meist ungenutzt in der Kanalisation. Dabei eignet sich Regenwasser hervorragend für viele Anwendungen im Alltag:
– Toilettenspülung
– Gartenbewässerung
– Waschmaschine
– Reinigungsarbeiten im Haushalt und Gewerbe
– Aufbereitung zu Trinkwasser
Moderne Speicher- und Filtersysteme machen die Nutzung von Regenwasser auch in Städten und Mehrfamilienhäusern möglich – effizient, platzsparend und hygienisch.

2. Grauwasser – nutzen statt verschwenden
Grauwasser ist das leicht verschmutzte Abwasser aus Dusche, Waschbecken oder Waschmaschine. Mit entsprechender Aufbereitung kann es erneut eingesetzt werden – z. B. für die Toilettenspülung oder die Bewässerung von Grünflächen. So lässt sich der Trinkwasserverbrauch um etwa ein Drittel reduzieren. Das rechnet sich – nicht nur für die Umwelt. Grauwasser-Recycling ist technisch ausgereift und wird im europäischen Ausland mit Hilfe von staatlichen Förderungen bereits stark vorangetrieben.

Zusammen mit Regenwassernutzung und Grauwasser-Recycling lässt sich der Trinkwasserverbrauch eines durchschnittlichen Haushaltes um rund 50 % reduzieren.

Regenwassernutzungsanlage / Gartenanlage „BASIC“

Wasser ist keine Selbstverständlichkeit – handeln wir jetzt

Mehr als zwei Drittel unseres Trinkwassers stammen aus dem Grundwasser. Doch dieses System ist sensibel – und endlich. Wenn wir es weiter übernutzen, riskieren wir nicht nur den Verlust wertvoller Ökosysteme, sondern auch die Versorgungssicherheit kommender Generationen.

Die gute Nachricht: Die Lösungen existieren längst. Jetzt liegt es an uns, sie zu nutzen – zu Hause, in Kommunen, in der Industrie. Jeder Liter zählt. Und Regen- und Grauwassernutzung entlasten doppelt: Sie senken den Trinkwasserverbrauch und verringern das Abwasseraufkommen. Gleichzeitig reduzieren sie den Energiebedarf und die CO₂-Emissionen für Wasserförderung, -aufbereitung und -transport.

Fazit: Wer Wasser im Kreislauf denkt, schützt nicht nur die Umwelt, sondern macht sich unabhängiger und krisenfester – gegenüber Trockenzeiten, steigenden Wasserpreisen und Nutzungskonflikten.

Hier geht es zur BUND Studie: